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Papst Franziskus feiert Gottesdienst in Bagdad

Als erster Papst hat Franziskus einen Gottesdienst im chaldäischen Ritus gefeiert. In der St.-Josephs-Kirche in Bagdad ermunterte er die Christen am zweiten Tag seiner historischen Irakreise dazu, angesichts der schwierigen Lage im Land weder „wegzulaufen“ noch zu Gewalt zu greifen.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Nur „mit der stillen Kraft der Liebe“ lasse sich wirklich die Geschichte verändern, das habe Jesus uns vorgemacht, predigte der Papst.
Der Beitrag zur Papstmesse in Bagdad

Wegen der Corona-Pandemie durften die Bänke der modernen Kirche im Bagdader Vorort Karrada nur schütter besetzt sein, viele Menschen hatten sich auch außerhalb des Kirchengebäudes versammelt; doch der Feststimmung bei Franziskus‘ erstem Gottesdienst auf irakischem Boden tat das keinen Abbruch. Viel Weihrauch und Gesang prägten die Liturgie, wie in der Kirche des Ostens üblich; das Evangelium wurde auf Arabisch vorgetragen, die Fürbitten unter anderem auf kurdisch, turkmenisch sowie im aramäischen Dialekt, also der Sprache Jesu.

„Wir dürfen nicht zulassen, dass Ihr Besuch und Ihre Worte an uns vorüberrauschen“

Der Hausherr der Josephskirche, Kardinal Louis Raphael Sako, bedankte sich beim Papst dafür, dass er „unter diesen außergewöhnlichen Umständen“ ins Zweistromland gekommen sei. Damit meinte der chaldäische Patriarch von Babylon die fortdauernde Gewalt und die politisch-wirtschaftlich-soziale Krise im Land, aber auch die Corona-Krise, die die Weltgemeinschaft nach wie vor im Griff hat.


„Ihr Besuch macht den Irakern Mut, ihre schmerzliche Vergangenheit hinter sich zu lassen, die Wunden zu heilen und sich um die Versöhnung der Nation zu bemühen… Auch für uns Christen ist Ihr Besuch eine Gelegenheit, umzukehren und uns neu auf unsere irakische und christliche Identität zu besinnen… Wir dürfen nicht zulassen, dass Ihr Besuch und Ihre Worte an uns vorüberrauschen, ohne Wirkung bei uns, unseren Kirchen und unserem Land zu hinterlassen.“

Die totale Umkehrung

Der Gast aus dem Vatikan predigte über die Seligpreisungen Jesu aus der Tagesliturgie (es war Messe des heiligen Thomas, die zu dieser Gelegenheit ausgewählt worden war). Wie das denn sein könne, dass der Herr die Armen, Trauernden und Verfolgten seligpreise, nicht aber die Reichen, Mächtigen, Berühmten? Das sei eine „totale Umkehrung“ dessen, was wir eigentlich gewohnt seien.

„Nicht der ist größer, wer etwas besitzt, sondern wer arm im Geiste ist; nicht wer über andere unbeschränkte Macht hat, sondern wer zu allen gütig ist; nicht wer von der Masse bejubelt wird, sondern wer sich des Bruders oder der Schwester erbarmt. An diesem Punkt kann uns ein Zweifel befallen: was habe ich davon, so zu leben, wie Jesus es verlangt?“

Nichts Großartiges tun, sondern täglich Zeugnis geben

Der Papst gab selbst die Antwort auf diese rhetorische Frage. „Es ist weise, weil die Liebe, die das Herzstück der Seligpreisungen darstellt, am Schluss siegt, auch wenn sie in den Augen der Welt schwach erscheint. Am Kreuz hat sie sich stärker als die Sünde erwiesen, im Grab hat sie den Tod besiegt.“ Es sei diese Liebe, welche die Märtyrer aller Zeiten in der Prüfung habe siegen lassen. „Die Liebe ist unsere Stärke, die Stärke zahlreicher Brüder und Schwestern, die auch hier unter Vorurteilen und Beleidigungen, Misshandlungen und Verfolgung in Jesu Namen gelitten haben.“

Wer die Seligpreisungen leben wolle, brauche gar nichts Großartiges zu tun. Vielmehr gehe es darum, „täglich Zeugnis zu geben“. „Um selig zu werden, muss man nicht ab und zu zum Helden, sondern jeden Tag zum Zeugen werden… Nur so wird die Welt verändert: nicht mit Macht oder Gewalt, sondern mit den Seligpreisungen. Denn so hat es Jesus getan: er hat das bis ans Ende gelebt, was er von Anbeginn verkündet hatte. Es geht darum, Zeugnis von der Liebe Jesu abzulegen…“

„Weder die Flucht noch das Schwert hatten Erfolg“

Franziskus vermied große Worte oder Appelle. In eher nachdenklichem Ton sprach er von Geduld und Durchhaltevermögen. Liebe gebe nicht auf „im Angesicht des Bösen“, finde sich auch nicht damit ab, aber halte sich an die „siegreiche Weisheit des Kreuzes“. „Wer liebt, der verschließt sich nicht in sich selbst, wenn die Dinge schlecht laufen, sondern antwortet auf das Böse mit dem Guten... So lebt der Zeuge Gottes: er bleibt nicht passiv, fatalistisch, den Umständen, Instinkten und momentanen Zuständen ausgesetzt. Er ist immer voll der Hoffnung…“


Angesichts von Problemen gebe es immer zwei Versuchungen, so der Papst. „Die erste ist die Flucht: weglaufen, sich abwenden, nichts mehr davon wissen wollen. Die zweite Versuchung ist, mit Wut zu reagieren, mit Gewalt. So geht es den Jüngern in Getsemani: aus ihrer Fassungslosigkeit heraus ergriffen viele die Flucht, Petrus griff zum Schwert. Aber weder die Flucht noch das Schwert hatten Erfolg. Jesus hingegen hat die Geschichte verändert. Wie das? Mit der stillen Kraft der Liebe, mit seinem geduldigen Zeugnis. Und dazu sind auch wir aufgerufen; so verwirklicht Gott seine Verheißungen.“

(vatican news)

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