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Zwei Freunde machen sich auf, den Papst zu beschützen


Escholzmatt: Diese Woche reisen Dominik Zemp und Lukas Wicki in Richtung Vatikan und treten in den Dienst der Schweizergarde ein. Wir haben die beiden kurz vor der Abreise getroffen.

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Tauschen die Alltagskleider gegen die Schweizergarde-Uniform: Lukas Wicki (links) und Dominik Zemp. / Bild: Markus Zahno (maz)

Dominik Zemp und Lukas Wicki kennen sich, seit sie denken können. Sie sind beide in Escholzmatt aufgewachsen, und während der Schulzeit waren beide als Ministranten in der katholischen Kirche im Einsatz.

Einmal unternahmen die Escholzmatter Ministranten einen Ausflug in den Vatikan. «Die Schweizergardisten mit ihren farbigen Uniformen weckten sofort mein Interesse», sagt Dominik Zemp. Lukas Wicki lacht. «Mir gings genau gleich.» Später rückte das Thema in den Hintergrund. Doch dann entdeckten die beiden jungen Männer letztes Jahr die Ausschreibung einer Schnupperreise zur Schweizergarde. Sie meldeten sich an, verbrachten eine Woche im Vatikan – und spürten: Das passt.

Nach der Rückkehr meldeten sie sich aber nicht direkt für die Garde an. Zuerst wollten sie die Rekrutenschule in Angriff nehmen, schauen, wie es ihnen im Militär gefällt. Auch dort gings gut, sodass sie sich zur Anmeldung entschlossen. «Das hat jeder für sich entschieden», sagt Zemp. «Aber natürlich ist es schön, dass wir zu zweit hingehen können.»


Viele Stationen

Diese Woche brechen Lukas Wicki und Dominik Zemp auf in Richtung Vatikanstadt. Kurz vor der Abreise sitzen sie gemeinsam am Tisch und berichten über ihre Erwartungen. Und über das mehrstufige Aufnahmeverfahren in die Schweizergarde. Zuerst mussten sie ein Bewerbungsdossier einreichen – mit Leumundszeugnis, Tauf- und Firmschein, Betreibungsregisterauszug und Drogentest. Später wurden sie zu einem Gespräch mit Gardeverantwortlichen eingeladen, zudem gab es einen Eignungs- und einen Verhaltenstest. Alles verlief positiv. So schafften die beiden Kollegen aus Escholzmatt zusammen mit gut 30 weiteren jungen Schweizern die Aufnahme in die päpstliche Leibwache.

Dominik Zemp war bis Ende August bei der Gemeindeverwaltung Escholzmatt-Marbach angestellt, Lukas Wicki arbeitete als Elektroinstallateur. Beide haben ihre Stelle gekündigt und sich verpflichtet, 26 Monate im Vatikan zu dienen. Falls sie möchten, können sie auch länger bleiben.


Unterschiedliche Reaktionen

Eine Freundin haben die beiden 20-Jährigen nicht. «Sonst wäre es wohl schwierig, so lange wegzugehen», sagt Dominik Zemp. Pro Jahr haben die Schweizergardisten vier Wochen Ferien, können also regelmässig ihre Familien in der Schweiz besuchen kommen. Umgekehrt hätten auch bereits diverse Verwandte und Bekannte angekündigt, «dass sie Ferien in Rom machen werden und uns besuchen kommen», berichtet
Lukas Wicki.

Wie haben die Leute in ihrem Umfeld reagiert, als sie erfuhren, dass die beiden Escholzmatter zur Schweizergarde gehen? «Unterschiedlich», antwortet Dominik Zemp. Von der älteren Generation habe man von Anfang an viel Anerkennung und Stolz gespürt. Jüngere Kollegen dagegen würden oft fragen: «Warum machst du das? Ich könnte das nicht.» Wenn man es ihnen dann erkläre, verstünden es aber auch sie.


«Einmalige Chance»

Ja, warum machen die beiden das? Bestimmt nicht wegen des Lohnes: Dieser beträgt gut 1500 Euro pro Monat plus Kost und Logis. Ihn reize es einfach, aus dem Alltagstrott auszubrechen, etwas Neues zu erleben, sagt Lukas Wicki. «Wir sind jung, das ist eine einmalige Chance.» Kollege Dominik Zemp fügt an, er wolle sich als Mensch weiterentwickeln, freue sich darauf, eine neue Sprache und eine neue Kultur kennenzulernen.

Sechs Tage am Stück werden die Gardisten jeweils arbeiten, dann haben sie drei Tage frei. In der Freizeit stehen ihnen verschiedene Angebote offen. Unter anderem gibt es eine Fussballmannschaft, den FC Guardia, der in der jährlichen Vatikanmeisterschaft gegen andere Teams antritt, zum Beispiel die Museumswärter oder die Gendarmerie. Zudem gibt es einen Fitnessraum und eine Musikgesellschaft. Oder man kann Rom erkunden und ans Meer fahren, das kaum eine Stunde entfernt ist. «Langweilig wird uns bestimmt nicht», sagt Dominik Zemp.


Grosse Vorfreude

Doch zuerst stehen nun zwei Monate Ausbildung an. Den September verbringen die beiden Escholzmatter im Vatikan, eignen sich Orts- und Personenkenntnisse an. Im Oktober geht es dann nach Isone, wo sie zusammen mit der Kantonspolizei Tessin trainieren werden. Hier lernen sie zum Beispiel, sich zu verteidigen und «Zwangsmittel einzusetzen».

Im November schliesslich treten Lukas Wicki und Dominik Zemp ihren regulären Dienst als Leibwächter des Papstes an. In dieser Funktion werden sie dem Heiligen Vater so nahe sein wie sonst kaum jemand. Sie werden ihn bei allen Tätigkeiten im Vatikan bewachen, Eingänge sichern und je nachdem auch bei Auslandsreisen dabei sein. Und auf einen Tag freuen sich die beiden Escholzmatter ganz besonders: auf den 6. Mai 2022. Dann werden sie offiziell als Gardisten vereidigt – und dem Papst auch ihre Familien vorstellen können.

Das älteste Militärkorps der Welt

Die Schweizergarde wurde 1506 durch Papst Julius II gegründet und ist damit das älteste noch existierende Militärkorps der Welt, wie im Onlinelexikon Wikipedia nachzulesen ist. Seit 1848 dürfen Schweizer im Ausland zwar keine Militärdienste mehr leisten. Da die Garde aber als «einfache Wachpolizei» gilt, sind diese Einsätze nach wie vor erlaubt.

Die Schweizergardisten sind für die Sicherheit des Papstes zuständig. Die Sollstärke wurde unlängst von 110 auf 135 Mann erhöht, auf Auslandreisen des Papstes sind jeweils 40 Gardisten dabei. Kandidaten, die in die Garde aufgenommen werden wollen, haben diverse Bedingungen zu erfüllen. Sie müssen 19- bis 30-jährig sein, mindestens 1.74 Meter gross, katholisch, sportlich und über einen «einwandfreien Leumund» verfügen. Nebst
einer Berufslehre respektive einer Mittelschule müssen sie auch die
Rekrutenschule der Schweizer Armee absolviert haben. Und sie müssen männlich sein – Frauen gibt es in der Schweizergarde keine.

Das Engagement im Vatikan dauert mindestens 26 Monate. Gardisten, die länger bleiben, können das eidgenössisch anerkannte Berufsdiplom als «Fachmann für Sicherheit und Bewachung» erwerben.


02.09.2021 :: Markus Zahno (maz)

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