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«Ja, ich kam Gott definitiv näher»

Markus Schlienger ist im Aktivdienst in der Päpstlichen Schweizergarde

Im Mai 2021 wurde der Schweizer Gardist Markus Schlienger aus Wegenstetten in Rom vereidigt. Er würde diesen Schritt immer wieder tun.

Janine Tschopp

https://drive.google.com/uc?export=view&id=1GEyBgZkPsCec6CRPrXhPm7j007vOb107
«Wir machen hier Erfahrungen, die wir sonst im Berufsleben nicht machen würden», sagt Markus Schlienger. Das Bild stammt vom Mai 2021, als der Wegenstetter (links) in Rom vereidigt wurde. Foto: zVg

«Glaube ist für mich persönlich sehr wichtig», nennt Markus Schlienger einen Beweggrund, warum er sich für den Aktivdienst in der Päpstlichen Schweizergarde entschieden hat. Auch war er motiviert, eine neue Sprache und eine andere Kultur kennenzulernen. «Wir machen hier Erfahrungen, die wir sonst im Berufsleben nicht machen würden.» Schon bevor sich der Wegenstetter für den Schritt in die Päpstliche Schweizergarde entschieden hatte, hatte er aufgrund einer Reise und einigen Bekannten, die bereits im Aktivdienst waren, Einblick. «Den Anstoss beizutreten, gab dann ein Gespräch mit einem Freund aus einer katholischen Jugendgruppe.»

Vereidigung im Mai 2021
Nach der Bezirksschule absolvierte Markus Schlienger eine Lehre als Informatiker, Fachrichtung Applikationsentwicklung bei Coop in Basel und arbeitete nach der Ausbildung während eines Jahres auf seinem Beruf. Anschliessend besuchte er die Rekrutenschule der Schweizer Armee und im Januar 2021 zog er nach Rom in die Schweizer Garde. Vier Monate später wurde er vereidigt. «Am Anfang gibt es schon einen gewissen Aufwand, bis alle Dokumente organisiert sind», meint er auf die Frage, wie schwierig es sei, der Päpstlichen Schweizergarde beizutreten. Und dann gebe es noch die Grundvoraussetzungen, die erfüllt sein müssen. Das bedeutet, dass man männlich, Schweizer Bürger, zwischen 18 und 30 Jahre alt, diensttauglich und ledig sein muss. Zudem muss man die Rekrutenschule des Schweizer Militärs absolviert haben. «Ich habe von einigen Südamerikanern gehört, die gerne der Päpstlichen Schweizergarde beitreten würden. Oder andere, denen aus gesundheitlichen Gründen, zum Beispiel wegen Problemen mit dem Rücken, nicht möglich ist, beizutreten.»

Wache stehen
Eine Hauptaufgabe der Schweizer Gardisten ist die Wache. Intensiv ist die Schildwache mit der Hellebarde, wobei der Gardist während ein bis zwei Stunden ganz stillstehen muss. «Das lernt man mit der Zeit und gewöhnt sich daran. Eigentlich ist es gar nicht so kompliziert. Man macht es einfach», erklärt der 22-Jährige. Es sei ein mentales Thema. «Ob ich mich ‹stresse› oder nicht, die Zeit vergeht gleich schnell.» Während der Schildwache, die man in der Anfangszeit der Ausbildung stehen muss, lenkte er sich ab, indem er die Zeit in Viertelstunden einteilte und dies mit dem Glockenschlag des Petersdoms kontrollierte. Er dachte auch an seine Familie oder überlegte sich das Nachmittagsprogramm. «Oftmals betete ich. Zum Beispiel den Rosenkranz. Das geht normalerweise 20 Minuten. Weil ich viel Zeit hatte, betete ich ihn in Dreiviertelstunden.» Ausser der Schildwache gibt es auch andere Wachdienste, beispielsweise denjenigen an den Eingängen des Vatikans. «Dieser Dienst gefällt mir besonders gut. Denn ich habe gerne viel zu tun und bin gerne gefordert.» Bei diesem Dienst gelte es immer, schnell zu entscheiden, wer eintreten darf und wer nicht. Es laufe einiges und man treffe viele Touristen. So könne man versuchen, in allen möglichen Sprachen Auskunft zu geben. «Manchmal hilft uns auch der Google-Übersetzer», schmunzelt er.

Gerne erinnert sich Markus Schlienger an die grosse Sonntagsmesse letztes Jahr an Ostern auf dem Petersplatz. «Es war beeindruckend, wie viele Menschen dort waren. Zusammen mit 30 anderen Gardisten durfte ich Ehrenwache stehen. Den zirka sieben Kilogramm schweren Brustpanzer aus Metall tragen wir nur an Weihnachten, Ostern und an der eigenen Vereidigung. Diese dreistündige Messe war eindeutig das Eindrücklichste, was ich bisher in Rom erleben durfte.»

Man verzichtet, aber kriegt viel
«Ich habe es nie bereut», sagt der junge Mann. Auch wenn er aufgrund seiner Entscheidung zur Päpstlichen Schweizergarde schon auf einiges verzichtet hat. Einschneidend ist sicher die Trennung von der Familie. «Nach dem Eintritt in die Schweizer Garde sieht man seine Familie nach acht Monaten zum ersten Mal wieder.» Auch dass er sein Studium um drei Jahre verschoben hat, ist ein Verzicht. «Ja, es sind ein paar Verzichte.» Was man aber kriege seien für ihn sehr wichtige Werte. «Schon allein der Verzicht auf die Familie ist eine Lebensschule. Auch das lange Stehen. Das Durchhalten.»

Standardmässig dauert ein Dienst in der Schweizer Garde 26 Monate, davon zwei Monate Grundausbildung. Markus Schlienger hat sich entschieden, bis im Frühjahr 2024 ein drittes Dienstjahr zu absolvieren. Er begründet: «In den ersten zwei Jahren hat man in der Freizeit noch sehr viele Ausbildungen. Diese sind nun abgeschlossen, so dass ich meine Freizeit nutzen kann, um Rom und auch andere italienische Städte besser kennenzulernen.»

Der Glaube war ein wichtiger Beweggrund für den jungen Wegenstetter, der Schweizer Garde beizutreten. Ist er Gott in den letzten zwei Jahren nähergekommen? «Ja, ich kam Gott definitiv näher. Vor allem, weil man hier viele Leute treffen kann, die auch gläubig sind. In Rom sieht man unterschiedliche Priesterorden und kriegt einen Sinn für eine weltumfassende Kirche. Es war bereichernd, diese unterschiedlichen Wege zu sehen. So habe ich auch meinen eigenen Weg besser gefunden.»

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