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Früher gönnten Päpste dem Vatikan eine Sommerpause "Franziskus ist da anders"

Wie gingen frühere Päpste mit der Sommerhitze um? Wie hält's der amtierende Heilige Vater aus Argentinien? Ulrich Nersinger blickt in die Geschichte, erklärt das römische Mikroklima und den Wetter-Umschwung, der mit Franziskus einzog.
https://drive.google.com/uc?export=view&id=1pEG4PMTq-EOicS46iRb-ZmINaYINI78_

Heißer Sommer in Vatikanstadt / 

© Van Dyke Photography 

DOMRADIO.DE: Rom liegt inmitten von sieben Hügeln. Was bedeutet das denn für den Vatikan und für die klimatischen Bedingungen, die vor Ort herrschen?

Ulrich Nersinger (Vatikan-Experte): Wir haben in Rom eine Besonderheit. Wir können in Rom von sogenannten Mikroklimas sprechen. Es gibt also in Rom Orte, wo es wirklich unerträglich heiß ist, wo sich die Schwüle auf das ganze Leben auswirkt. Und es gibt Orte, die relativ angenehm sind, und das hat man eigentlich auch früher ausgenutzt im Vatikan.

DOMRADIO.DE: Wie sind denn Päpste in der vergangenen Zeit mit der Hitze umgegangen?


Nersinger: Früher hatten wir einen Stichtag, das war der 29. Juni, also Peter und Paul. Ab diesem Tag wurde in Rom an der Kurie alles heruntergefahren, auch beim Papst, wenn man das so salopp sagen kann. Also man hat kaum noch die normalen Geschäfte ausgeübt.

Man hat versucht, da so etwas wie eine eigene Sommerzeit einzuführen. Die Audienzen fanden dann teilweise nicht mehr in dem Maße statt. Auch in den einzelnen Behörden der römischen Kurie bearbeitete man nur das Nötigste.

Das hat sich aber jetzt in den letzten Jahren geändert, da ist Franziskus anders. Der normale Betrieb wird weiter fortgeführt und der Papst ist ja, das sehen wir und hören wir auch, er ist weiter in aktivem Dienst.
https://drive.google.com/uc?export=view&id=1ulDpKEbVreCP8HuDeE_GUtAgh6sUAV1z

Die Gärten auf dem Gelände der Päpstlichen Villen in Castel Gandolfo am 11. Juni 2016. 

DOMRADIO.DE: Gab es irgendwann ein besonders heißes Jahr im Vatikan?


Nersinger: Es gab immer diese Schwierigkeit, dass man mit hohen Temperaturen zu kämpfen hatte. Und man hatte natürlich da auch Lösungen gefunden.

Die Päpste haben in den früheren Zeiten auch ihre Residenz gewechselt. Bis 1870 hat man zum Beispiel den Quirinal als Residenz genommen. Der liegt auf einem Hügel, der angenehmer ist als der Vatikan.

Man hat andere Orte gewählt. Es gab in früheren Zeiten den Palazzo Venezia, dann gab es eine Residenz in der Nähe des Kapitols, also auch gar nicht so weit vom Palazzo Venezia entfernt. Oder man hat natürlich Castel Gandolfo gewählt mit dem Albaner See und einem sehr angenehmen Klima.

Wenn man nicht Rom verlassen konnte, hat man auch die Vatikanischen Gärten genommen. Dort gibt es zum Beispiel die heutige Akademie der Wissenschaften, das war so eine kleine Villa. Und es gab dort noch ein paar andere Orte, die man aufsuchen konnte.


DOMRADIO.DE: Die Päpste Johannes Paul II. oder Papst Benedikt XVI. waren in den heißen Sommermonaten immer in Castel Gandolfo. Wie macht das denn Franziskus als Argentinier, der ist ja eigentlich Hitze gewohnt?


Ulrich Nersinger

"Franziskus gönnt sich im Kampf gegen die Hitze höchstens einen Mate-Cocktail."


Nersinger: Was Urlaub angeht oder was den Wechsel der Residenz angeht, da ist der jetzige Heilige Vater doch sehr beratungsresistent. Er verlässt auch Santa Marta nicht. Viele Leute, die ich kenne, haben ihm gesagt: "Nutzen Sie doch die vatikanischen Gärten. Das sind nur wenige Schritte." Und auch heutzutage wäre es nicht schwer, sich mit dem Rollstuhl hinfahren zu lassen. Aber davon kann man den Papst nicht überzeugen. Ich denke, der einzige Versuch, gegen diese Hitze anzukämpfen, ist, dass der Papst sich einen Mate-Tee-Cocktail erlaubt.
https://drive.google.com/uc?export=view&id=1Vn4PFjBT4S_2_8HswZfZ5tZkcztsEmtX

Abkühlung in einem römischen Brunnen

DOMRADIO.DE: Gibt es in Rom denn bei der Hitze Hilfe für zum Beispiel Obdachlose an? Wasserstationen?


Nersinger: Was die Wasserversorgung angeht, da gibt es kein Problem. Sie finden überall in Rom, auch in Vatikannähe, sogar bei den Kolonnaden, Trinkwasserbrunnen und kleinere Wasserstellen. Und ansonsten versucht man heute sehr verstärkt – aber auch in früheren Zeiten –, Obdachlosen oder Leuten, die sich nicht weiterhelfen können, Möglichkeiten anzubieten, über diese Zeit hinwegzukommen.

Das Interview führte Oliver Kelch.

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