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Schnupperwoche Schweizergarde – das Leben hinter Galauniform und Schildwache

16 junge Schweizer haben vom 5. bis 11. Oktober die Schnupperwoche bei der Schweizergarde besucht. Einer davon ist Silvan Lachmuth aus dem solothurnischen Gunzgen. Schweizergardist zu werden, sei «eine gute Idee», findet er am Ende der Woche.



Silvan Lachmuth hat klare Pläne: Im kommenden Juni die Matura, ab Januar 2020 die Rekrutenschule – und dann in den Vatikan, zur kleinsten Armee der Welt, der Päpstlichen Schweizergarde. Seit dieser Woche kann sich der 18-Jährige aus Gunzgen im Kanton Solothurn einen solchen Weg noch besser vorstellen. Vier Tage lang konnte Silvan seinen möglichen künftigen Arbeitsplatz näher kennenlernen, als Teilnehmer einer «Schnupperwoche Schweizergarde» im Vatikan.

Dichtes Programm

Das Programm, das den 16 bis 19 Jahre alten Interessenten geboten wird, ist dicht: Roms Sehenswürdigkeiten, Gottesdienst, Besichtigung von Kaserne, Kasernenzimmer, Waffenkammer, Petersdom sowie Generalaudienz mit dem Papst. Besonders wichtig sind für Silvan und die anderen Jugendlichen die Gespräche mit ihren Landsleuten, die bereits in der Garde Dienst tun. 

Der langgezogene Ehrenhof der Kaserne ist an den Längsseiten mit den 26 Kantonsfahnen der Eidgenossenschaft geschmückt. Aus der Mensa tragen Gardisten Tabletts mit ihrem Essen, setzen sich zu den Jugendlichen und unterhalten sich. Sie tragen Freizeitkleidung oder eine blaue lange Jacke – Eskaputt genannt –  um die Uniform nicht zu verschmutzen. Einer der Gardisten hat Geburtstag, das muss besungen werden. Ein bisschen wie vor einer Unimensa, nur viel kleiner – wie alles im Vatikan.

Mehr als nur Stillstehen

Ziel dieser Schnupperwoche sei es «vor allem, dieses Bild zu korrigieren», sagt Bernhard Messmer, und tippt auf den Werbeprospekt für die Schweizer Garde. Der zeigt einen Hellebardier, still stehend am Eingangstor zum Apostolischen Palast. Messmer ist Inhaber einer Agentur für Personalmanagement in Glarus und kümmert sich dort unter anderem im Auftrag des Vatikan um Nachwuchswerbung für die Schweizergarde.

Pfarrer muss Bindung an katholische Kirche bestätigen

Dass der Dienst dort viel mehr Bewegung als bei einer Schildwache erfordert, hat auch Silvan in diesen Tagen erfahren. «Das lange Stehen ist sowieso sehr anstrengend», haben ihm die Gardisten verraten, die Silvan und die anderen in diesen Tagen durch den Vatikan begleitet haben. Zeremonien und auch langes Stehen sind dem Ministranten nicht fremd. Als Geräteturner bringt er zudem die nötige Fitness mit für den Personenschutz des Papstes. Die entsprechende Technik würde er noch lernen.

Damit die Informationstage in Rom kein Vergnügungsausflug werden, müssen die Teilnehmer sich ernsthaft für den Dienst bei der Garde interessieren. Dies und eine gewisse, mehr als formale Bindung an die katholische Kirche sollte zudem der Heimatpfarrer bestätigen. Nachdem er beim Papstgottesdienst Ende Juni in Genf Schweizer Gardisten aus der Nähe erlebt hatte, füllte Silvan in seiner Heimatpfarrei seine Anmeldung aus für die «Schnupperreise nach Rom».

Die Hälfte der Schnuppernden  bewirbt sich

250 Franken kostet sie und wird einmal im Jahr im Oktober, während den Herbstferien, angeboten. «Gruppen von 14 bis 16 Leuten sind eine ideale Grösse, um den Teilnehmern den Dienst hier am besten nahezubringen», erklärt Messmer. Gäbe es mehr Interessenten, würde er zwei Reisen anbieten. Zumal die Schweizergarde ihre Sollstärke von 110 auf 135 Mann ausbauen will. Dass derzeit ausgerechnet die geburtenschwächsten Jahrgänge der Schweiz auf die Volljährigkeit zusteuern, macht diese Aufgabe nicht leichter.

Schweizer, katholisch, Rekrutenschule absolviert

Im Schnitt, sagt Messmer, bewirbt sich später rund die Hälfte aller Interessenten für den mindestens 26-monatigen Dienst bei der Garde. Wer will, kann länger bleiben. Voraussetzungen für den Dienst: Schweizer, katholisch, Ausbildung oder Schulabschuss, Militärdienst, ledig, 1,74 Meter Gardemass und zwischen 18 bis 30 Jahre alt. Das Basissalär betrage rund 1500 Euro plus Zulagen für Dienste in der Freizeit, sagt Messmer. Darin inbegriffen sind Krankenkasse, Unterkunft und Nebenkosten. Der Vatikan zieht keine Einkommenssteuer ein; lediglich für Verpflegung sowie die AHV gibt es Abzüge.

«Eine gute Idee»

«Ich glaube, das ist eine gute Idee», sagt Silvan Lachmuth am Ende. Die Tatsache, dass die katholische Kirche und der Vatikan derzeit wegen des Missbrauchsskandals auch für negative Schlagzeilen sorgen, hält den 18-Jährigen nicht ab. Klar, sei das bekannt. Er müsse sich aber nicht dafür rechtfertigen, Schweizergardist werden zu wollen. Um im Ernstfall für die Sicherheit des Papstes auch sein Leben einzusetzen. (cic)

kath.ch

  • Siehe auch Medienmitteilung GSP via LINK.
  • Siehe Beitrag VaticanNews via LINK.

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