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Im Einsatz für den Papst

Muskulöse Männer mit schwarzen Sonnenbrillen. So stellen sich viele Bodyguards im Einsatz vor. Von wem wird eigentlich der Papst bewacht? Wie das Gendarmeriekorps des Vatikanstaates für öffentliche Ordnung und Sicherheit sorgt.

Ein Schweizergardist (l.) und ein Mitarbeiter der Gendarmeria (dt. Gendarmerie) auf dem Petersplatz

DOMRADIO.DE: Wie sehen die Bodyguards von Papst Franziskus aus?  

Ulrich Nersinger (Vatikan-Experte): Es gibt die Bodyguards der päpstlichen Schweizergarde und der vatikanischen Gendarmerie. Zweitere kommen meistens aus dem Stab der höheren Offiziere oder speziell ausgebildeten Gardisten oder Gendarme und die sehen relativ normal aus. 

DOMRADIO.DE: Wie viele davon gibt es eigentlich? 

Nersinger: Wenn der Papst eine Reise macht, begleiten ihn immer Mitglieder der Schweizergarde und der Gendarmerie. Die Anzahl variiert, je nachdem in welches Land der Papst fliegt und wie viele Sicherheitsleute von dem Gastland gestellt werden. Die kommen dann noch hinzu. 

"Wenn der Papst eine Reise macht, begleiten ihn immer Mitglieder der Schweizergarde und der Gendarmerie."

DOMRADIO.DE: Weiß man, seit wann es überhaupt päpstliche Bodyguards gibt? 

Nersinger: Ja, im Grunde seitdem es päpstliche Garden gab. Bis 1970 waren es vier Garden: die Schweizergarde, die Palatingarde, die Gendarmerie und die Nobelgarde. Die Nobelgarde war die erste und vornehmste Garde des Papstes. Sie sicherte den direkten Körperkontakt ab. Da kann man sich natürlich fragen, ob römische Adelige dafür geeignet waren. Aber die haben sich zum Teil einiges einfallen lassen. Als zum Beispiel im Jahr 1848 in Rom die Revolution stattfand, ist der Palast des Papstes belagert worden – eine ziemlich brenzlige Situation. 

Die Nobelgardisten waren natürlich nur mit einer Pistole bewaffnet, sollten aber von der Waffe keinen Gebrauch machen und haben dann aus dem Fenster, wo der Papst sich aufhielt, das Mobiliar auf die Angreifer hinausgeworfen, die hinaufklettern wollten. Eine sehr ungewöhnliche Methode (lacht). 

Ein Einsatzwagen der vatikanischen Gendarmerie in Rom
Der Papst musste dann ins Ausland fliehen und als er zurückkam, hat er diese Nobelgardisten mit Orden und mit Geldgeschenken belohnt. Er hat zu ihnen schmunzelnd gemeint: “Naja, eigentlich müsste ich ja von dem Geld der Gratifikation relativ viel abziehen für das zertrümmerte Mobiliar, das ihr da angerichtet habt”. 

"Es ist durchaus ein gefährlicher Job."

DOMRADIO.DE: Das hört sich jetzt humorvoll an, aber wie ist das denn sonst mit gefährlichen Situationen? So mancher Papst hat ja auch schon einen Angriff erleiden müssen. 

Nersinger: Da gab eine ganze Reihe von Angriffen, wobei wir nie genau wissen, was der Grund für diesen Angriff war. Ob es Verrückte waren, ob es Fanatiker waren, ob es auch ganz bewusst Terroristen waren. Interessanterweise gab es im Pontifikat Benedikts XVl. gleich mehrere solcher Versuche. In der Weihnachtsmesse 2009 gelang es einer Frau, über die Brüstung zu springen und den Papst zu Boden zu reißen. Schlimmeres konnte nur durch einen sehr schnell agierenden Kommandanten der Gendarmerie verhindert werden. Der damalige Kommandant konnte den Papst noch mehrmals vor derartigen Situationen bewahren. 

Es ist durchaus ein gefährlicher Job. Bei einer Fahrt über dem Petersplatz kam es zu einer Situation, bei der ein junger Mann aus Deutschland, vermutlich geistig verwirrt, über die Brüstung sprang, und auf den Wagen wollte. Er hatte ihn fast schon erreicht, da stürzten sich die Schweizergardisten auf ihn. Und das war so heftig, dass ein Major der Schweizergarde nicht unerheblich verletzt wurde. 

DOMRADIO.DE: Die Sicherheitskräfte setzen ihr Leben für den Papst ein. Ist denn bekannt, ob Bodyguards bei dabei auch schon ums Leben gekommen sind? 

Nersinger: Ums Leben gekommen noch nicht, aber heftige Verletzungen waren wie gesagt schon dabei.

DOMRADIO.DE: Bodyguards sind eine Schutzmaßnahme. Gibt es noch weitere Schutzmaßnahmen? 

Gardisten der Päpstlichen Schweizergarde im Vatikan

Nersinger: Ja, wir haben zwei Spezialeinheiten, Special Forces der Gendarmerie. Das eine ist eine sogenannte Unità Antisabotaggio, das ist eine Anti-Terror-Einheit. Und die andere Formation ist ein sogenannte Gruppo Intervento Rapido, eine schnelle Eingreiftruppe. 

Das Interessante daran ist, dass die Ausbildung dieser Leute zum Teil nicht in Rom oder in Italien oder im Vatikan selbst geschieht, sondern zum Teil im Trainingszentrum des amerikanischen FBI in Quantico. 

DOMRADIO.DE: Gibt es eigentlich auch weibliche Bodyguards im Vatikan? 

Nersinger: Nein. Weder in der Gendarmerie noch in der Schweizergarde gibt es Frauen. Im Vatikan wird manchmal ein bisschen darüber geschmunzelt, man müsste mal eine eigene Amazonentruppe aufstellen. Aber da hat man, glaube ich, noch nicht dran gedacht. Weibliche Schweizergardisten hält man eigentlich für unmöglich, nicht weil man Ressentiments schürt, sondern aus der historischen Gegebenheit heraus. Auch logistisch ist das wegen der Unterkünfte schwierig umzusetzen. 

"Weder in der Gendarmerie noch in der Schweizergarde gibt es Frauen."

Anders ist es bei der Gendarmerie. Da könnte durchaus mal für die Zukunft die Möglichkeit geschaffen werden, dass auch Frauen dort Dienst tun und dass unter Umständen dann Frauen zu weiblichen Bodyguards des Papstes würden. 

Das Interview führte Bernd Hamer.



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