«Ihr seid grosse Vorbilder»
Seit
1506 schützen die Schweizergardisten den Papst. Jetzt bekamen sie im
Vatikan hohen Besuch aus der Heimat. Bundespräsidentin Viola Amherd
wandte sich nach dem Tête-à-Tête mit dem Heiligen Vater stolz an
die Truppe.
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Im Ehrenhof der Schweizergarde-Kaserne im Vatikan gratuliert Bundespräsidentin Viola Amherd allen 34 eben Vereidigten. |
Nun stehen sie noch ein bisschen strammer da, die 34 eben vereidigten
Schweizergardisten. In Reih und Glied, auf dem Ehrenhof ihrer Kaserne
an der Via Sant’Anna im Vatikan. Bundespräsidentin Viola Amherd
(61) schüttelt jedem Hellebardier die Hand, gratuliert «von ganzem
Herzen». Auch Nicola Damann (23). «Sie sind ein Vorbild. Ich bin
stolz auf Sie», sagt die 61-Jährige zum St. Galler aus Gossau.
Dieser rückt seinen drei Kilo schweren metallenen Helm mit roten
Pfauenfedern zurecht. «Wir fühlen uns sehr geehrt, Frau
Bundespräsidentin. Ihr Besuch erfüllt uns alle mit Stolz.»
Für vier Tage ist die Walliserin nach
Rom und in den Vatikan gereist. Bei den Gesprächen mit dem
italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella und der
Regierungschefin Giorgia Meloni warb sie für die von der Schweiz auf
dem Bürgenstock NW organisierte Ukraine-Friedenskonferenz. Mit
Aussenminister Ignazio Cassis weibelt sie überall für die
Konferenz. Sie warnt vor übertriebenen Hoffnungen: «Die Ambition
jetzt ist nicht ein Friedensvertrag, sondern ein erster Schritt dazu.
Es wird eine zweite Konferenz in einem anderen Land brauchen, bei der
dann hoffentlich auch Russland dabei sein wird.»
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Hat den Überblick. Viola Amherd auf der Dachterrasse des Schweizer Instituts in Rom, eines der höchsten Punkte der Ewigen Stadt. |
Krieg und Frieden sind auch bei der
päpstlichen Audienz ein Thema. Amherd spricht fliessend Italienisch.
«Papst Franziskus und ich hatten ein interessantes und anregendes
Gespräch, in herzlicher Atmosphäre.» Während sie in Rom weilt,
wird in Stansstad NW die Bevölkerung über die Bürgenstock-Konferenz
informiert. Sicherheit ist dort ein grosses Thema.
«Den Lead in dieser Sache hat der
Kanton Nidwalden», sagt Amherd in Rom auf Nachfrage. «Aus meinem
Departement sind aber auch Armee, das Bundesamt für
Bevölkerungsschutz, Nachrichtendienst und Cybersicherheit
involviert.» Im Dezember hätte sie das Departement wechseln und
damit den Problemen und der oft harschen Kritik entfliehen können.
Amherd entschied sich, im VBS zu blieben: «Genau dann, wenn es
schwierig ist, muss man an Bord bleiben.» Schläft sie noch ruhig
bei all den Gefahren rundum? «Meist bin ich so müde, dass ich
gleich einschlafe. Und ich habe das Glück, lang und gut zu
schlafen.»
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Papst Franziskus freut sich über Amherds Geschenke: eine Schoggi in Matterhorn-Form und Schweizer Briefmarken mit seinem Jahrgang 1936. |
Es ist Tradition, dass Bundespräsidenten
bei der Vereidigung von Gardisten dabei sind. Diese findet jedes Jahr
am 6. Mai statt. Sie erinnert an die 147 Schweizergardisten, die
während der Plünderung Roms durch die Armee Karls V. 1527 ihr Leben
für Papst Clemens VII. liessen. Das Korps umfasst 135 Gardisten.
Zum Schluss der «Schweizerpsalm»
Der grosse Tag der Vereidigung beginnt früh. Schon um 6.30 Uhr stehen Menschen vor dem Petersdom Schlange für die heilige Messe. Viele sind Angehörige der 34 Gardisten. Immer wie-der ist Walliserdeutsch zu hören: Jahrzehntelang haben die Walliser den Hauptharst der Schweizergarde gebildet. Viola Amherd und ihre Delegation schreiten ohne Securitycheck durch die Porta della Preghiera in die Basilika. Amherd setzt sich auf den für sie bestimmten Stuhl in der ersten Reihe. Neben ihr: Kommandant Christoph Graf, Nationalratspräsident Eric Nussbaumer mit Frau Margrit, Ständeratspräsidentin Eva Herzog und Manuela Leimgruber, Botschafterin der Schweiz beim Heiligen Stuhl.
Um 7.30 Uhr
beginnt die Messe, zelebriert von Kardinal Pietro Parolin mit dem
Lied «Lobe den Herrn». Die Bundespräsidentin singt mit. Auch Felix
Gmür, Bischof von Basel, und Urban Federer, Abt von Einsiedeln,
nehmen teil. Musikalisch begleitet wird der Gottesdienst vom
Caecilienchor Aesch aus dem Gastkanton Baselland. Die 45 Sängerinnen
und Sänger singen die «Missa Christus Dominus» des Schweizer
Komponisten Benno Ammann. Ein Gardist trägt die Lesung vor. Gegen
Schluss der Messe beten alle für die Schweizergarde und singen den
«Schweizerpsalm».
Danach sind Nicola Damann und seine 33 Kollegen mit ihren nächsten Angehörigen in die Bibliothek des Apostolischen Palasts unterwegs: Papst Franziskus hat seine Beschützer zur Audienz geladen. Der 87-Jährige betritt den Raum, begrüsst die Anwesenden herzlich auf Italienisch. In seiner Rede bedankt er sich: «Eure Präsenz zeichnet sich durch Qualität aus, durch euren freundlichen, aufmerksamen und gewissenhaften Stil. Ihr leistet tagtäglich engagiert und pflichtbewusst euren Dienst.»
Der Papst fordert die Gardisten auf:
«Schwimmt gegen den Strom! Verbringt die Freizeit nicht nur mit dem
Computer und dem Handy, unternehmt gemeinsame Sachen! So erlebt ihr
Momente der Brüderlichkeit. Und betet für mich!» Auf dem Weg
zurück in die Kaserne sind sich Gardist Rémy Vaucher und seine
Angehörigen einig: «Wir alle sind tief beeindruckt. Ich diene dem
Papst gern.»
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Der passionierte Handballer Nicola Damann hat eine KV-Ausbildung in der Stadtverwaltung Gossau SG absolviert. |
Der Höhepunkt des Tages: die
Vereidigung im Damasushof des Apostolischen Palasts! Die Garde
präsentiert sich in Gran Gala, also in Uniform inklusive Rüstung.
Auf der Balustrade stehen Mitglieder der Gendarmeria und Marines der
US-Botschaft stramm.
Gemessenen Schrittes marschieren Punkt
17 Uhr die Gardisten unter Fanfarenklängen auf, unzählige Handys
filmen. Nach Ansprachen von Kommandant Graf und Pater Kolumban, dem
Kaplan der Schweizergarde, folgt die Vereidigung in Anwesenheit
Seiner Eminenz Edgar Peña Parra, des Vertreters des Heiligen Vaters.
Auch Nicola Damann umfasst mit der linken Hand die Fahne des Korps,
hebt mit der rechten die drei Schwurfinger und legt den Eid ab: «Ich,
Hellebardier Nicola Damann, schwöre, alles das, was mir eben
vorgelesen wurde, gewissenhaft und treu zu halten. So wahr mir Gott
und unsere Heiligen Patronen helfen!»
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Die 34 Gardisten bei der Zeremonie auf dem Damasushof. Nun sind sie Hellebardiers. |
Zurück in der Kaserne, weicht die Anspannung. Im Ehrenhof stossen die Vereidigten mit ihren Familien an, lassen sich mit diesen unter der jeweiligen Kantonsfahne fotografieren, auch mit der Bundespräsidentin. Diese wünscht allen eine schöne Feier, der nächste Termin steht an. Zum Abschied winkt sie allen zu: «Ihr seid grosse Vorbilder. Ich bin stolz auf euch!»
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