Direkt zum Hauptbereich

Papstbeschützer zum Anfassen

Die Schweizergardisten beeindrucken mit ihrer Uniform. Ein Urteil davon konnten sich nun auch seheingeschränkte Menschen bilden. Bei einer Bildungsreise der katholischen Blindenvereinigungen konnten Teilnehmende die Uniform ertasten.

Nina Odenius mit Schweizergardisten Eliah Cinotti © Magali Müller

DOMRADIO.DE: Wie sind Sie darauf gekommen, die Schweizergarde einzuladen?

Nina Odenius (Mitorganisatorin der Bildungsreise der Arbeitsgemeinschaft der katholischen Blindenvereinigungen): Wir saßen im Vorbereitungsteam zusammen und ein ehrenamtlicher Teamkollege von mir sagte, dass er seit Jahren den Traum habe, mal mit jemandem von der Schweizergarde zu sprechen. 

Es wäre interessant herauszufinden, welche Bedeutung die älteste Armee der Welt heute noch hat. Was macht die eigentlich? Dass wir uns sozusagen auf die Spuren der Schweizer Garde begeben. 

Meine Teamkollegin aus der Schweiz hat die Garde angefragt und wir haben uns sehr gefreut, als wir eine positive Antwort bekamen, dass uns jemand von der Garde in Delémont besuchen würde.

"Die war für uns alle sehr spannend, weil das nicht alltäglich ist."


DOMRADIO.DE: Wie war diese persönliche Begegnung mit dem Schweizer Gardisten?

Odenius: Die war für uns alle sehr spannend, weil das nicht alltäglich ist. Wir waren alle sehr aufgeregt. Uns hat der Vize Corporal und Medienverantwortliche Eliah Cinotti besucht. Er ist ein sehr sympathischer junger Mann, mit dem wir sehr intensiv ins Gespräch gekommen sind.

Es war unsere erste Begegnung mit der Schweizergarde. Ich habe ihn dann auch gefragt, was seine erste Begegnung mit der Garde war. Er erzählte, dass er 2008 mit seiner Mutter, seinem Vater und seinem Bruder an Weihnachten nach Rom gekommen sei. 

Probe für die Vereidigung der Schweizergarde am 30. April 2024 im Vatikan. © Cristian Gennari/Romano Siciliani


Am 25. Dezember hätten sie beim Urbi et Orbi auf dem Petersplatz gestanden. Dort habe er die schönen Gardisten mit Harnisch gesehen. Seine erste Frage war, wer diese Männer in Uniform seien. Seine Mutter antwortete, dass sie von der Schweizergarde seien. Er habe dann zu seiner Mutter gesagt, dass er das auch einmal machen möchte. Seitdem war es sein Traum, Schweizergardist zu sein.

"Wenn ich die Uniform selber anfassen kann, hat das eine ganz andere Wirkung."


DOMRADIO.DE: Was hat Sie bei seinem Besuch besonders beeindruckt?

Odenius: Mich hat beeindruckt, dass er uns gegenüber sehr offen war. Er hat viele Fragen beantwortet. Er hat sehr anschaulich von seiner Arbeit erzählt. Zum Beispiel, dass die Gardisten die ersten sind, die dem Papst "Guten Morgen" sagen und die letzten, die ihm "Gute Nacht" sagen, weil sie von morgens bis abends auf ihn aufpassen. 

Es hat mich sehr beeindruckt, dass er uns gegenüber unbefangen war. Wir durften tatsächlich seine Uniform berühren. Er ist in Uniform gekommen. Diese Uniform ist für jeden Gardisten maßgeschneidert. Die hat ganz verschiedene Stoffe und Bänder und es gibt einen gestärkten Kragen. 

Ich muss für mich persönlich sagen, das dies ein tolles Erlebnis war. Dass er sich von mehreren Menschen berühren lässt, ist von ihm eine tolle Leistung.

Schweizergarde im Vatikan  © Paul Haring

Man kann mir die Uniform beschreiben, wie die aussieht, aber wenn ich sie selber anfassen kann, hat das eine ganz andere Wirkung. 

Die anderen Teilnehmenden unserer Reise und ich können uns jetzt viel besser vorstellen, wie diese Uniform aussieht und wie sie sich anfühlt.

"Es sei für ihn eine Neuheit gewesen, die Schweizergarde vor Menschen mit Seheinschränkungen vorzustellen." 


DOMRADIO.DE: Hat die Schweizergarde regelmäßig Kontakt zu Menschen mit Behinderungen?

Odenius: Sie begegnen Menschen mit Behinderung auf dem Petersplatz, wenn sie den Vatikan besuchen. Es gibt auch einmal im Jahr eine Veranstaltung für eine soziale Einrichtung, einmal in Benin und auch in Rom. Es gibt zudem alle möglichen Präsentationen der Arbeit der Schweizergarde, um Nachwuchs in den Kasernen in der Schweiz zu gewinnen. 

Über das Thema Behinderung habe ich auch mit Eliah Cinotti gesprochen und er sagte, es sei für ihn eine Neuheit gewesen, die Schweizergarde vor Menschen mit Seheinschränkungen vorzustellen. Für ihn war das eine ganz besondere Erfahrung. Er habe sehr viel über unsere Personengruppe gelernt. Er war richtig begeistert, dass er dieses Treffen wahrgenommen hat.

Das Interview führte Tim Helssen. 

Schweizergarde

Die Schweizergarde ist die militärische Schutztruppe der Päpste. Hauptaufgabe der Garde mit ihrer Sollstärke von künftig 135 Mann ist, über die Sicherheit der Person und der Residenz des katholischen Kirchenoberhaupts zu wachen. Zudem begleiten Gardisten den Papst auf Reisen, kontrollieren die Eingänge zum Vatikanstaat und nehmen Ordnungs- und Ehrendienste wahr. Während ihrer mindestens 26-monatigen Dienstzeit sind die Gardisten Bürger des Vatikanstaates. 

Schweizergardisten © Stefano dal Pozzolo/Romano Siciliani

Mitglied der Garde können nur katholische Männer werden, die in ihrer Schweizer Heimat Militärdienst geleistet haben und einen untadeligen Ruf besitzen. Wer Hellebardier wird, sollte eine Richtgröße von 1,74 Meter haben, muss jünger als 30 Jahre und unverheiratet sein. Länger gediente Gardisten dürfen heiraten.

Auf Ersuchen von Papst Julius II. (1503-1513) wurden 1505 in Luzern und Zürich die ersten Söldner zu seiner Bewachung rekrutiert. Sie zogen nach Rom und präsentierten sich am 22. Januar 1506 dem Papst. Als historische Heldentat und eigentliche Geburtsstunde der Truppe gilt der Kampf gegen die plündernden Söldner von Kaiser Karl V. beim "Sacco di Roma" 1527. Damals starben 147 Gardisten bei der Verteidigung von Papst Clemens VII. (1523-1534).

Traditionell werden die neuen Rekruten am 6. Mai vereidigt. Der Dienstschwur der Gardisten lautet: "Ich schwöre, treu, redlich, und ehrenhaft zu dienen dem regierenden Papst N.N. und seinen rechtmäßigen Nachfolgern und mich mit ganzer Kraft für sie einzusetzen, bereit, wenn es erheischt sein sollte, für Ihren Schutz selbst mein Leben hinzugeben. Ich übernehme dieselben Verpflichtungen gegenüber dem Kollegium der Kardinäle während der Sedisvakanz des Apostolischen Stuhles. Ich verspreche überdies dem Herrn Kommandanten und meinen übrigen Vorgesetzten Achtung, Treue und Gehorsam. Ich schwöre es, so wahr mir Gott und unsere heiligen Patrone helfen."

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

ZENTRALTAGUNG LUGANO, 20. - 22. JUNI 2025

Liebe Mitglieder der Vereinigung der ehemaligen Päpstlichen Schweizergardisten. Dieses Jahr findet unsere Generalversammlung, zum ersten Mal seit der Gründung unserer Vereinigung vor über 100 Jahren, in der italienischen Schweiz statt.  Die erste Herausforderung für das Organisationskomitee bestand darin, den Titel unseres Treffens auf Italienisch zu übersetzen. Mit der Wahl von „Festa Centrale“ wollen wir den festlichen Charakter unseres Anlasses unterstreichen und das Programm, das sich über drei Tage erstrecken wird, soll dies widerspiegeln. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren und das OK mit seinen Helferinnen und Helfern setzt alles daran, für euch ein grossartiges Fest auf die Beine zu stellen!  Siehe Informationen via  LINK.

Von Messe bis Mord: Aus dem Leben eines Schweizer Gardisten

In der Schweizer Garde war Frowin Bachmann 31 Jahre lang für die Sicherheit des Papstes mitverantwortlich. Er reiste mit ihm durch die Welt – und lebte direkt an seiner Seite. Frowin Bachmann diente in der Schweizer Garde. Erst nach vielen Dienstjahren wurde er Bodyguard des Papstes © Osservatore Romano In der Schweizer Garde war Frowin Bachmann 31 Jahre lang für die Sicherheit des Papstes mitverantwortlich. Er reiste mit ihm durch die Welt – und lebte direkt an seiner Seite. Der Schweizer Frowin Bachmann hat flinke, wache Augen, seine Haare sind militärisch kurz geschnitten, der drahtige Körper immer in Bewegung. 31 Jahre lang diente der 59-Jährige im Vatikan, kaum ein Nicht-Priester hatte so viel Einblick in das Leben der Päpste wie er.  Dabei hatte er sich ganz am Anfang eigentlich nur für zwei Jahre verpflichten wollen. "Ich wuchs in einer katholischen Familie im Dorf Freienbach im Kanton Schwyz auf, hatte eine Banklehre gemacht. Nun wollte ich die Welt sehen. Und Fremd...

200 Jahre Löwendenkmal in Luzern – neue Infotafeln sollen Blick auf die Geschichte des Denkmals schärfen

Mit öffentlichen Führungen und einer Gedenkfeier am 10. August gedenkt die Stadt Luzern dem 200-jährigen Bestehen des Löwendenkmals. Das Löwendenkmal in Luzern ist eines der bekanntesten Denkmäler der Schweiz und hat internationale Ausstrahlung. Der in den Luzerner Sandstein gemeisselte sterbende Löwe erinnert an den Tuileriensturm 1792, bei dem Hunderte von Schweizergardisten im Dienst des französischen Königs starben. Am 10. August 1821, also rund 29 Jahre später, wurde das Denkmal in Luzern eingeweiht. Zu seinem 200-jährigen Bestehen führt die Stadt nun eine Reihe von Veranstaltungen durch. Jährlich rund 1,4 Millionen Besucher «Das Löwendenkmal übt eine unglaubliche Anziehungskraft aus», sagte der Luzerner Stadtpräsident Beat Züsli am Dienstag an einer Medienkonferenz. Es werde jährlich von rund 1,4 Millionen Gästen aus aller Welt besucht, mit einem pandemiebedingt zurzeit markanten Rückgang. Als Erstes wurde die Löwendenkmal-Anlage jetzt mit neuen Informations...